Vereinigung der ehemaligen Schülerinnen und Schüler des Kaiser-Karls-Gymnasiums, Aachen

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Es lohnt sich, sich für Frieden und Freiheit einzusetzen

Dr. Rudolf Pohl besuchte die Jahrgangsstufe 9, ein Schüler berichtet:

Ein älterer, aber rüstiger Herr sitzt vorne auf dem Podium. Man würde auf den ersten Blick kaum annehmen, dass er 87 Jahre alt ist. Nachdem er kurz inne gehalten hat, scheint er die passende Formulierungen gefunden zu haben:„ Und das möchte ich euch damit sagen: Es lohnt sich, sich für Freiheit und Frieden einzusetzen.“

Es ist Freitag, der 29. Juni 2012, fünfte und sechste Stunde. Dr. Rudolf Pohl, der von 1935 bis 1942 Schüler des KKGs war, referiert zu seinen Erinnerungen an seine Schulzeit während der Nazidiktatur. „Heute in acht Tagen ist es 70 Jahre her, dass ich mein Abschlusszeugnis bekommen habe,“ sagt der Theologe und wirkt dabei doch ein wenig stolz.

Angefangen hat alles 1931, als Pohl seine Schullaufbahn in der Volksschule begann und zeitgleich in den Domchor aufgenommen wurde.
Wenige Jahre später wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Schnell sicherte sich der Diktator die Macht, u.a. mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetzt, mit dem das Parlament der Regierung außergewöhnliche Vollmachten einräumte. Der Anfang vom Ende der noch jungen Republik.

Wie Pohl selbst sagt hat er von den Anfängen nicht sonderlich viel mitbekommen. Stattdessen wurde der spätere Theologe 1935 ins KKG aufgenommen, wo er sieben Jahre lang neben Franz-Gustav Bertram, dem Onkel des stellvertretenden Schulleiters Jürgen Bertram, saß. Mit der Zeit erlebte der damals 11-Jährige allerdings immer mehr wie er selbst gezwungen wurde, Teil des Kontroll-Staates zu werden. Pohl zeigt Bilder von sich und Kammeraden in Uniform, erzählt von seinen Erlebnissen beim Reichsarbeitsdienst (RAD). Neben dem RAD gab es keine genehmigten Vereine. „Die wurden durch Hitler aufgelöst. Stattdessen war das ganze Volk organisiert“, erklärt Pohl und verweist auf Armbinden mit  Hakenkreuz, die auch er damals tragen musste.

Auf Seiten der Lehrer sah es verschieden aus. Einige waren Anhänger des Systems, so wie auch Pohls Klassenlehrer, andere nicht. „Widerstand gab es nicht, es war der Einzelne“, betont Pohl.  „Aber natürlich gab es welche, die das Hemd trugen, nicht aber die Gesinnung.“ Als Beispiel führt er seinen Religionslehrer auf, der 1942 verhaftet wurde und ins Konzentrationslager Dachau musste.

1939 begann schließlich der zweite Weltkrieg mit dem Angriff auf Polen. Innerhalb von fünf Wochen war Warschau gefallen, 1940 gehörte Hitler Frankreich. Der Führer war nach seinen Blitzkriegen beliebt wie nie, auf dem Gipfel seiner Popularität.
Pohl musste zur gleichen Zeit erste eigene Erfahrungen mit dem Krieg machen. So erzählt der 87-Jährige von Bombennächten, in denen allein zwölf Freunde aus dem Domchor ums Leben kamen.  Pohl selbst wurde 1942 mit seinem Abschlusszeugnis, seinem „Abitur“ wie er sagt, aus dem KKG entlassen und musste fortan eine Ausbildung zum Flugzeugführer in Prag beginnen. Währenddessen setzte sich die Bombardierung der Kaiserstadt fort, in einer Nacht wurde sein damals größter Besitz – das eigene Klavier – zerstört.

Die Wende des Krieges markiert der Russlandfeldzug. Pohl hatte Glück und musste aufgrund seiner Flugzeugführerausbildung im heutigen Tschechien nicht in Russland kämpfen, wohl aber viel seiner Freunde. So sind allein aus seiner Jahrgangsstufe 21 Jugendliche gefallen bzw. galten als vermisst – die Hälfte seiner Stufe.
Aber auch in Deutschland ging der bittere Krieg weiter. So wurde das Haus seiner 1944Eltern zerstört. Vater und Mutter nach Bad Driburg evakuiert. Völlig zerstört war die Düren,  die ganze Stadt wurde vom damaligen Bischof als Friedhof eingeweiht

1945 war der Krieg schließlich zu Ende, das 1000-jährige Reich hatte gerade einmal 12 Jahre Bestand gehabt. Pohls Weg führte ihn ins Gefangenenlager der Amerikaner nach Frankreich. „An einem Tag habe ich dort 40 Zigaretten geschenkt bekommen, die ich alle an einem Tag geraucht habe“, erinnert sich Pohl. Danach habe er nie wieder Tabak eingenommen.

Im Gefangenenlager hatte er allerdings auch Zeit über sich und sein Leben nachzudenken. „Ist das der Sinn des Lebens?“, fragte sich der damals 21-Jährige. Dank seines guten Verhältnisses zum Lagerpfarrer kam Pohl nach wenigen Monaten frei, fing mit dem Theologiestudium an, von dem er sich Antworten auf seine Fragen erhoffte. Schließlich wurde Pohl Mitte der 1950er Jahre an den Dom geholt und bekam einen Auftrag erteilt: „Bauen Sie den Domchor wieder auf“. Pohl wurde über dreißig Jahre lang Domkapellmeister in Aachen, machte mit dem Domchor viele Reisen, u.a. auch nach Jerusalem, wo er in YadVashem, der Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust, mit seinen Chorknaben als erster deutscher Chor singen durfte. Nicht zuletzt dafür wurde Pohl später mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. In den1980ern ging er nach Rom, wo er als einer der bedeutendsten Kirchenmusiker der Welt Präsident des Internationalen Verbandes der Kirchenmusik wurde, bevor er sich Anfang der 1990er in Belgien, unweit der deutschen Grenze zur Ruhe setzte.

Pohl blättert einen Moment lang in seinem Notizheft. „Es gibt noch vieles, was ich erzählen könnte, wie wir damals gelebt haben“, sagt Pohl abschließend. Und weiter: „Aber, was ich mit meinem Vortrag sagen möchte: Nicht Tod und Vernichtung sind der Sinn des Lebens…“

„Es lohnt sich, sich für Frieden und Freiheit einzusetzen. Dankeschön.“

David Grzeschik

Ratschläge des Kabarettisten zur Berufswahl

von Heiner Hautermans und Lena Özman (Aachener Nachrichten vom 07.07.2012)

Aachen.«Lasst Euch Zeit, schaut Euch genau um und dann zieht es durch!» Es waren durchaus ernste Worte, die Kabarettist Wendelin Haverkamp jetzt in der Aula Carolina sprach.

Der 64-Jährige war an die Stätte seiner Jugend zurückgekehrt, das Kaiser-Karls-Gymnasium hatte er sowohl als Schüler als auch als ausgebildeter Lehrer einige Jahre frequentiert, bevor er seine Künstlerkarriere zunächst als Musiker (Bassist einer Rockband) startete.

Zum Abschluss des Tags der Studien- und Berufsorientierung gab Haverkamp im Gespräch mit Marco Sievert, dem Vorsitzenden der Ehemaligenvereinigung, Ratschläge fürs weitere Leben: «Man sollte sich nicht einreden lassen, dass alles ganz schnell gehen soll. Früher in den Kindergarten, schneller zum Abitur, kürzeres Studium und dann längeres Arbeiten.» Bevor man den Beruf wähle, solle man sich intensiv informieren und orientieren, riet der Autor und Komponist den rund 300 Schülern, die zuvor den erstmals in dieser Form stattfindenden Tag absolviert hatten.

Haverkamp, geboren als Mischling (Vater Westfale, Mutter Rheinländerin) habe als Gelegenheitslehrer am KKG gelernt, dass «andere Berufsfelder interessanter sein können», so drückte es Marco Sievert, Geschäftsführer einer Firma für Veranstaltungstechnik, aus. Der Lebenslauf des Grimme-Preisträgers sei beileibe nicht gradlinig verlaufen.

Das Zeugnis der Reife, das er Ende der 60er Jahre erhalten habe, erläuterte der Radio- und Fernsehmoderator, sei ihm in einer Situation ausgestellt worden, in der er am wenigsten reif im Leben gewesen sei, auch die damalige Berufsberatung mit psychologischen Tests habe ihn nicht wirklich weitergebracht: «Ich hatte damals keinen Schimmer, was ich wollte.» Die Noten in der Oberstufe seien als Grundlage für die Berufswahl untauglich.

Man sollte sich informieren, was in den späteren Jobs wirklich ablaufe, denn das sei oft etwas völlig anderes, als an der Hochschule gelehrt werde: «Oft gibt es da eine riesige Diskrepanz.» Überhaupt ließ Haverkamp kein gutes Haar am Bachelorsystem: «Das ist völlig verfehlt. Man bekommt Stundenpläne und muss die erfüllen.»

Wichtig sei es, auszuprobieren, was man machen wolle. Im Lauf der Zeit sollte man durchaus auch lernen, was man nicht kann.«Als Künstler geht man ein großes Risiko ein, aber es gibt wenige Berufe, die einem so viel geben», schilderte er seinen eigenen Werdegang.

Blicke in 35 verschiedene Berufe hatten die Oberstufenschüler in den vier Schulstunden zuvor werfen können. Referenten aus den unterschiedlichsten Bereichen, darunter viele KKG-Absolventen, informierten über unterschiedlichste Bereiche wie Architektur, Jura, Medizin oder Chemie, aber auch Produktdesign, Umweltingenieurwesen oder Journalismus. «Wir haben versucht, ein möglichst breites Spektrum zu bieten», fasst es Organisatorin Dr. Renate Schwab zusammen.

Und auch die Rückmeldungen aus der Schülerschaft waren positiv. Carolin Lemmens aus der Stufe EF: «Anfangs waren wir alle nicht sonderlich angetan, dass wir unseren Wandertag opfern mussten. Aber es hat sich im Nachhinein auf jeden Fall gelohnt. Wir konnten Einblicke in die unterschiedlichsten Berufsfelder bekommen, nicht nur fachlich.»Als Ausgleich für den Wandertag wird den Schülern im nächsten Jahr ein Tag zur Verfügung gestellt, an dem alle Leistungskurse Exkursionen unternehmen.

Quelle: Aachener Nachrichten, 07.07.2012

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